Marionettendasein

Eine kleine Geschichte über Freiheit

„Hui, das ging aber flott.“
Mit einem enormen Schwung war sie draußen.
Hier war es kälter, aber sie war ja immer noch verbunden durch die starke Schnur.
„Hey, warum machst Du das jetzt? Was machst Du da mit der großen Schere?“
Sie brüllte. Schrie aus voller Kehle. Kreischte sich ein neues Band zusammen.
Sie erblickte die besorgten Augen der Mutter und hörte ihre sanfte Stimme:
„Ja, ja, es ist alles gut, komm, trink was.“
Geboren und bestimmt für ein besonderes Band.

Später waren es eher die leiseren Töne, die Bindungen schafften.
Unterschwelligkeiten, nicht Gesagtes, Erwartungen.
Je weniger sie sprach, umso gebundener fühlte sie sich.
Umso gebundener sie sich fühlte, desto weniger sie sprach.
Es zog an ihr, von allen Seiten, bis zuletzt sogar ihr Äußerliches marionettenähnlich wurde.

Sie verstand sich durchaus darauf, die Menge zu unterhalten, aber nach der Show, wenn keiner mehr die Fäden zog, sackte sie in sich zusammen. Ein Häufchen Stäbe, das darauf wartete, das irgendjemand irgendwo zog, damit sich das Durcheinander ein wenig entwirrte.
Eine Anfrage. Eine Handlung.
Aktion. Reaktion.
Hölzern, steif – das Leben der anderen.
Eine Marionette!

 

„Hey, warum machst Du das? Warum schneidest Du diese unzähligen Schnüre jetzt durch?
Meine Daseinsberechtigung.
Hilfe, willst Du mich fesseln?
Ich will frei sein! Lass’ mich in Ruhe.
Ich kann nicht mehr. Na, dann tu’s halt.“

Hui, was war das denn?
Ich fliege!
Durch ein unsichtbares Band gezogen.
Alle Gliedmaßen entlastet und sortiert.
Eine neue Perspektive.
Zwischendurch falle ich.
Aua! Was ist passiert?
„Du musst schon festhalten!“
Und so halte ich fest an dem unsichtbaren Band, dem Band meiner Freiheit.
Meine Daseinsberechtigung.

Aktion. Reaktion. Reaktion. Reaktion. Reaktion. Reaktion…

Schreibe einen Kommentar