Vierundzwanzig Jahre, elf Monate und ein paar zerquetschte

Nach der Beerdigung gucke ich zu Hause nach und tatsächlich: auf den Hochzeitsbildern sind die beiden schon zusammen. Wie gut ist es bei wichtigen Entscheidungen, dass man die Zukunft nicht kennt.

Wir feiern in diesem Jahr Silberhochzeit, fünfundzwanzig Jahre, null Monate und null Tage. Hätte ich damals gewusst, was auf mich zukommt, mit Verlaub, mir hätte ganz gewiss der Mut zu diesem Schritt gefehlt.

Immerhin, wir leben noch. Es geht uns gut!
Es war ein gutes Stück Arbeit und vielleicht sind wir auch einfach nur erwachsen geworden. Ich habe mich weiter entwickelt, er hat sich weiter entwickelt und so kamen wir unvermeidlich an den Punkt, an dem es nicht mehr zu passen schien. Aber da teilten wir schon so Vieles, dass der andere aus dem Leben nicht mehr wegzudenken war, auch wenn wir es noch so sehr versuchten.

Die Gitarrenklänge gehen durch und durch:

So close, no matter how far. And nothing else matters.  Und dann: knockin‘ on heaven’s door
Es ist unendlich traurig, wie kann diese Gedenkfeier so schön sein?
Der Ehemann, die Kinder, die Freundin, sie verlesen einen letzten Gruß und aus jedem einzelnen Wort wird deutlich Es war der Plan vom Glück.

Es ist schon interessant, welche Dinge am Ende wirklich wichtig sind. Ich liebe mein Ehrenamt im Hospiz, weil mir dort – ausgerechnet im Angesicht des Todes, das pure Leben begegnet. Das Ringen nach Worten, nach Luft, nach Erlösung, es ist zutiefst menschlich und darf hier einfach sein.

Vierundzwanzig Jahre, elf Monate und ein paar zerquetschte…
Wie kann man mit dem unsagbaren Schmerz leben, dem man zeitweise so erbarmungslos ausgesetzt ist? Manchmal geht es nicht.
Dann zählt nur der Moment. Und der nächste. Und der nächste. Bis die Nacht geschafft ist.

Ich bin dankbar für die vielen guten Tage. Und ich will dankbar sein für die zerquetschten.
Vor allem diese sind es, die das Zusammensein kostbar machen, weil sich in ihnen in komprimierter Form so vieles von dem findet, was auf Dauer verbindet.

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